In Deutschland wurden seit 1977 mehrere Gesundheitsreformen durchgeführt. Welche Änderungen diese mit sich brachten, erfahren Sie hier.

Gesundheitsreformen in Deutschland
Gesundheitsreformen in Deutschland

In der Bundesrepublik Deutschland werden in Zukunft immer mehr ältere Menschen medizinisch behandelt werden. Da der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung stetig sinkt, reduziert sich somit der Hauptteil der Beitragseinnahmen. Dieser demografische Wandel macht grundlegende Strukturveränderungen im Gesundheitssystem notwendig.

Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte machten wiederholt viel diskutierte Gesundheitsreformen von sich reden. Die gesetzlichen Eingriffe in die Rahmenbedingungen der Krankenversicherung sollten hauptsächlich der Stabilisierung der Beitragssätze, der Kostensenkung des öffentlichen Gesundheitswesens sowie der effektiveren medizinischen Versorgung dienen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zahlen die gesetzlich Versicherten zunehmend höhere Beiträge und höhere Zuzahlungen. Auf der anderen Seite können die Versicherten zwischen den Krankenkassen frei wählen, um so die Beitragssätze durch attraktive Bonusprogramme oder spezielle Wahltarife zu kompensieren.

Welche Leistungen sind geblieben?

In der Tendenz erfahren die gesetzlichen Leistungen deutliche Einschränkungen. Das Sterbegeld wurde beispielsweise im Laufe der Zeit mehr und mehr gekürzt, bis es schließlich 2004 gänzlich abgeschafft wurde. Dennoch wurde der Leistungskatalog durch einige verbessernde Maßnahmen ergänzt. So zählen empfohlene Impfungen, notwendige Mutter-/Vater-Kind-Kuren und alle übrigen Rehabilitationsmaßnahmen zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen.

Gesundheitsreformen von 1977 bis 2011

Gesetze und Reformen haben das deutsche Gesundheitssystem von 1977 bis 2011 nachhaltig verändert. Folgende Aufstellung listet exemplarisch die wichtigsten Stationen:

  • 1977 Kostendämpfungsgesetz – Bagatell-Medikamente werden von den Krankenkassen nicht mehr bezahlt, Zuzahlungen pro Medikament, Verband und Heilmittel werden eingeführt (früher: Zuzahlung pro Rezept), Die Obergrenze der Eigenbeteiligung bei Zahnersatz von 500 DM (256 Euro) wird gestrichen.
  • 1982 Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz – Der Betrag für die Zuzahlung pro Medikament wird erhöht.
  • 1989 Gesundheitsreformgesetz (GRG) – Die gesetzliche Krankenversicherung aus dem 2. Buch der Reichsversicherungsordnung (RVO) wird in das „Fünfte Buch Sozialgesetzbuch“ (SGB V) übernommen. Einführung einer Negativliste mit unwirtschaftlich eingestuften Medikamenten. Deutliche Selbstbeteiligung beim Zahnersatz (zwischen 40 und 50 Prozent). Früherkennungsuntersuchungen und Leistungen einer häuslichen Pflegehilfe werden in den Leistungskatalog aufgenommen. Das Sterbegeld wird gekürzt.
  • 1993 Gesundheitsstrukturgesetz – Freie Wahl der Krankenkasse ab 1997 für alle Versicherten. Einführung der Budgetierung. Erhöhte Zuzahlungen für Medikamente, Zahnersatz, Heilmittel sowie für die Krankenhausbehandlung. Beträge für Medikamente werden nach Packungsgröße gestaffelt.
  • 1996 Beitragsentlastungsgesetz – Streichung des Zuschusses zum Zahnersatz für nach 1978 geborene Versicherte (Diese Regelung galt bis 1999). Erstattungen für Brillengestelle werden gestrichen. Erhöhte Zuzahlungen für Arzneimittel. Leistungskürzungen und Zuzahlungserhöhungen bei Kuren. Reduzierung des Krankengeldes.
  • 1999 GKV-Solidaritätsstärkungsgesetz – Wiedereinführung der Budgets für Arzthonorare, Krankenhäuser, Arznei- und Heilmittelbudgets. Die nach 1978 geborenen Versicherten haben wieder Anspruch auf Versorgung mit Zahnersatz. Zuzahlungen für Medikamente und Heilmittel werden gesenkt.
  • 2002 Beitragssatzsicherungsgesetz – Kürzung des Sterbegeldes. Verschärfung der Budgets für Arzthonorare und Krankenhäuser.
  • 2004 Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz) – Streichung des Sterbegeldes und des Entbindungsgeldes. Einführung der Praxisgebühr von 10 Euro. Nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, Fahrtkosten zu ambulanten Behandlungen und Brillen werden komplett von den Versicherten gezahlt. Die Belastungsobergrenze für Zuzahlungen beträgt 2 Prozent (für chronisch Kranke 1 Prozent) des jährlichen Bruttoeinkommens.
  • 2007 Gesundheitsreform – Erstmalige allgemeine Krankenversicherungspflicht (§193 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes). Rechtsanspruch auf Rehabilitation und häusliche Krankenpflege. Verbesserung der Palliativmedizin. Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Behandlung von Menschen mit schweren oder seltenen Krankheiten. Impfungen und Kuren zählen zu den Pflichtleistungen der gesetzlichen Krankenkassen. Einführung von Wahltarifen.
  • 2009 Allgemeine Versicherungspflicht gemäß §193 Versicherungsvertragsgesetz – Ab 1.1.2009 besteht für alle Personen mit Wohnsitz in Deutschland Krankenversicherungspflicht.
  • 2009 Reform der privaten Krankenversicherung – Die privaten Krankenversicherungen müssen einen Basistarif anbieten, der sich am Betragssatz der gesetzlichen Krankenkassen anlehnt. Bei einem Wechsel können privat Versicherte ab 1.1.2009 ihre Alterungsrückstellungen bis zu dem Umfang mitnehmen, den sie in einem Basistarif angesammelt hätten.
  • 2009 Einführung des Gesundheitsfonds – Einführung eines einheitlichen Beitragssatzes der gesetzlich Versicherten (zunächst 15,5 Prozent, während der Wirtschaftskrise 14,9 Prozent, ab 2011 15,5 Prozent).
  • 2011 Gesetz zur nachhaltigen und sozial ausgewogenen Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-FinG) – Verringerung der Jahresarbeitsentgeltgrenze um 450 Euro auf 49.500 Euro. Wegfall der Dreijahresfrist für Angestellte, die von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln möchten. Wahlfreiheit bereits nach einem Jahr möglich, wenn ein Jahresbruttoeinkommen von 49.500 Euro nachgewiesen wird.